Rathaus Oberhausen

Bürger entscheiden über Straßenbahn 105

Bild: Noch ist für die Straßenbahn an der Stadtgrenze
Noch ist für die Straßenbahn an der Stadtgrenze "Endstation". Aber das könnte sich schon bald ändern.

Zum ersten Ratsbürgerentscheid in der Oberhausener Geschichte sind etwa 165.000 stimmberechtigte Bürgerinnen und Bürger aufgerufen. Sie entscheiden am 8. März 2015 darüber, ob die Straßenbahnlinie 105 verlängert werden soll.

Der Beschluss im Rat der Stadt Oberhausen fiel – nach kontroverser Diskussion – einstimmig. „Zur Klärung der politischen Willensbildung der Oberhausener Bürgerinnen und Bürger führt der Rat auf Grundlage der Gemeindeordnung einen Ratsbürgerentscheid durch“, lautete die Begründung, das Thema nicht im Rat zu beschließen.

Wie lautet die Frage?
Zur Abstimmung am Sonntag, 8. März 2015, steht die Frage: „Sind Sie dafür, dass die Straßenbahnlinie 105 als Lückenschluss vom Essener Stadtgebiet zum Oberhausener Hauptbahnhof und zum Sterkrader Bahnhof gebaut wird?“

Die Verwaltung wurde beauftragt, die erforderlichen Maßnahmen zur Durchführung der Abstimmung unverzüglich vorzubereiten. Dazu hat der Rat der Stadt außerplanmäßig 267 000 Euro zur Verfügung gestellt.

Wie verläuft die Abstimmung?
Die Durchführung des Ratsbürgerentscheids richtet sich nach den Bestimmungen der Gemeindeordnung und im Detail nach der Bürgerentscheidsatzung der Stadt Oberhausen. Der Ablauf ist im Wesentlichen mit demjenigen bei Wahlen vergleichbar:

Das Stadtgebiet wird in Abstimmungsbezirke eingeteilt, die in Größe und Anzahl den Wahlbezirken bei der Kommunalwahl entsprechen; in jedem Abstimmungsbezirk gibt es ein Abstimmungslokal. Außerdem ist die Stimmabgabe per Brief (Briefwahl) oder durch Sofortwahl möglich.

Wer darf mitstimmen?
Stimmberechtigt sind nur Bürger, die zu den Gemeindewahlen wahlberechtigt sind – gegenwärtig rund 165.000. Über die gestellte Frage kann nur mit „Ja“ oder „Nein“ abgestimmt werden. Die Frage ist in dem Sinne entschieden, in dem sie mit der Mehrheit der gültigen Stimmen beantwortet wurde, sofern diese Mehrheit mindestens 10 Prozent der stimmberechtigten Bürger beträgt. Bei Stimmgleichheit gilt die Frage als mit „Nein“ beantwortet.

Die Durchführung des Bürgerentscheids erfolgt damit genauso, als wäre er auf Grund eines erfolgreichen Bürgerbegehrens zu veranlassen. Er hat die Wirkung eines Ratsbeschlusses.

Wie werden die Abstimmungsberechtigten informiert?
Die Abstimmungsberechtigten (vgl. § 5 der Bürgerentscheidsatzung) erhalten eine Abstimmungsbenachrichtigung sowie ein Informationsblatt (§ 8 der Bürgerentscheidsatzung). Das Informationsblatt enthält neben der Begründung für den Ratsbürgerentscheid jeweils eine kurze, sachliche Darstellung der Auffassungen der im Rat vertretenen politischen Kräfte.

Worum geht es?
Zwischen der bestehenden Straßenbahntrasse in Oberhausen und dem Endpunkt der Straßenbahnlinie 105 in Essen-Frintrop soll mit der Strecke VI eine direkte Straßenbahnverbindung geschaffen werden. Es ist vorgesehen, dass die Linie 105 über den bisherigen Endpunkt Essen-Unterstraße hinaus mit alternierendem Linienverlauf nach Oberhausen Hauptbahnhof und Oberhausen Sterkrade Bahnhof verlängert werden soll.

Im Vorfeld der Planungen wurden Variantenuntersuchungen durchgeführt und die Vor- und Nachteile der jeweiligen Trassenführung gegenüber gestellt. Die Abwägung dieser Trassenvarianten führte schließlich zu der favorisierten Streckenführung.

Die geplante Straßenbahntrasse wird auf Höhe des Gasometers niveaugleich an die bestehende ÖPNV-Trasse angeschlossen und verläuft zunächst in Richtung Westen am nördlichen Rand des CentrO-Geländes. Nach der Überquerung der Osterfelder Straße schwenkt die Trasse nach Süden auf das ehemalige Stahlwerksgelände, das als Brückenzug in Hochlage durchquert wird. Nach der Überquerung der Köln-Mindener-Eisenbahnstrecke verläuft die Trasse weiter in Seitenlage der Essener Straße, bis sie auf Höhe der Stadtgrenze zwischen Oberhausen und Essen in Mittellage verschwenkt und in Essen-Frintrop an die bestehenden Gleisanlagen anschließt. Die geplante Strecke ist etwa 3,3 Kilometer lang und umfasst den Neubau von sechs Haltestellen sowie den barrierefreien Ausbau der Haltestelle Essen-Unterstraße.

Die Maßnahme ist in dreifacher Hinsicht wichtig:
1. Einerseits wird durch die Strecke die Erschließung der intensiv genutzten Flächen der Neuen Mitte Oberhausen wesentlich verbessert, insbesondere die nördlich der geplanten Trasse gelegenen Freizeit- und Gewerbenutzungen waren bislang nur unzureichend an den ÖPNV angebunden.

2. Darüber hinaus kann durch den geplanten Trassenverlauf die Entwicklungsfläche auf dem ehemaligen Stahlwerksgelände erstmals nicht nur peripher mit dem ÖPNV erschlossen werden. Die Straßenbahnanbindung schafft hier weitere Anreize für Investoren, die Flächen hochwertigen Nutzungen zuzuführen.

3. Neben der Erschließungsfunktion nimmt die Strecke aber auch eine herausragende Bedeutung für die Verbindungs- und Austauschfunktion zwischen dem Mittelzentrum Oberhausen und dem Oberzentrum Essen ein. Insbesondere in die westlichen Stadtteile Essens wird die Fahrtzeit durch die hochwertige Direktverbindung so verkürzt, dass deutliche Verlagerungswirkungen vom motorisierten Individualverkehr (MIV) zum ÖPNV erzielt werden können und der Anteil des ÖPNV am Gesamtverkehr auf den betroffenen Verbindungen wesentlich gesteigert werden kann.

Die Kosten des Vorhabens belaufen sich auf rund 81 Millionen Euro. 90 Prozent davon werden durch Zuschüsse des Bundes und des Landes abgedeckt. Eine für Nahverkehrsprojekte übliche „Standardisierte Bewertung“ hat ergeben, dass der Nutzen dieser Investition die Kosten um mehr als das Doppelte übersteigt.
Die Folgekostenberechnung hat ergeben, dass der zusätzlich abzudeckende durchschnittliche Fehlbetrag der STOAG für Bau und Betrieb der Strecke über 30 Jahre rund 300.000 Euro jährlich beträgt. Bei einem realistischen Baubeginn Anfang 2016 könnte die Strecke im Dezember 2018 in Betrieb gehen.